Tasmanien 4

Lake Gordon – Florentine Valley – Lake St. Claire NP – Queenstown – Strahan – Zeehan – Corinna – Savage River – Cradle Mountain

Tasmanien4

Die Nacht ist kalt, ein paar Grad über Null. Seit langer Zeit wieder einmal ein klarer Sternenhimmel. Gegen Morgen steht Kentaur direkt über uns. Mit dem Feldstecher lässt sich eine runde kleine Sternwolke ausmachen, Alpha Centauri. Hat nicht Doug in Arkaroola diesen Sternhaufen mit Millionen Sternen gezeigt? Nochmals ins warme Huli klettern und schlafen bis halb Neun. Nume nid gsprängt, wir nehmen uns Zeit. Die Sonne scheint warm. Paul verabschiedet sich und geht nochmals auf den Red Knoll Lookout. Wir fahren den langen Weg zur Gordon Road zurück. Die Berge kommen im Sonnenlicht so richtig zur Geltung. Hohe Felsen stehen neben runden Alpweiden und zackigen Abbrüchen. Ein Traum für Bergtouren. Die Trails sind zum Teil komfortabel eingerichtet, mit Bretterbahnen und Treppen, damit die Natur keinen Schaden nimmt. Neben den Trails gibt’s kein Durchkommen: dichter Wald und Büsche versperren den Weg. Man müsste wie die Pioniere sich mit Säge und Machette selber einen Weg frei schlagen. Die Gordon Road führt über Berge und Täler zum Lake Gordon. Ein grosses Gebiet ist erst kürzlich einem Waldbrand zum Opfer gefallen. Wir hörten, dass die Gordon Road noch geschlossen sei. Nun sehen wir nur noch 4 kleine Brandherde rauchen. Der Lake Gordon ist nur etwa zur Hälfte gefüllt. Es hat in den letzten fünf Jahren viel zu wenig geregnet. Viele tote Bäume liegen am Ufer herum. Die sollten doch eigentlich vor der Füllung entfernt werden. Der Gordon Staudamm ist eine Technische Meisterleistung. Die Mauer ist 140m hoch und ganz schlank in eine tiefe Schlucht gebaut. Das Kraftwerk befindet sich direkt unter dem See. Die beiden Seen Gordon und Pedder sind durch einen Kanal verbunden. Sie sind das grösste Wasserreservoir Australiens und decken 17% des Strombedarfs Tasmaniens. Wir fahren die Gordon Road zurück, besuchen kurz das Pedder Chalet, ein Touristenresort, in Strathgordon. Im Dorf lebte die Baumannschaft samt Familie bis zum Ende der Bauarbeiten. Nun ist es fast ausgestorben. Kurz vor Maydena zweigen wir links in die Florentine Road ab, eine gut ausgebaute Erschliessungsstrasse für den Holzschlag. Wir werden vor grossen Lastenzügen gewarnt, sie sollen 24 Stunden / 7 Tage die Woche fahren. Zum Glück begegnen uns kein solches Ungetüm. Auf  der Tiger Road suchen wir uns einen geeigneten Übernachtungsplatz, den wir bei Tiger Spur 7 finden. Mit einem Lagerfeuer versuchen wir uns warm zu halten.

Der Tag beginnt blendend: wir schlafen lange und der Himmel leuchtet blau. Zudem fühlen wir neben der kühlen Luft warme Luftstösse. Das Bienensummen in den Bäumen entpuppt sich als Wespen-Brummen. Dutzende dieser Viecher fliegen um uns herum. Erstaunlicherweise sind sie nicht so sehr am fruchtigen Müesli oder dem Orangensaft interessiert. Sie kennen offenbar die Zivilisationsgüter zu wenig gut. Dafür attackieren sie unbarmherzig verletzte Genossen, teilen den Kopf vom Rumpf und machen sich gegenseitig die Beute streitig. Kommt mir irgendwie bekannt vor, wenn ich an die menschliche Spezies denke! In der Nacht hörten wir von Ferne Fahrzeuglärm.  Ein einzelner HiLux fährt am Morgen vorbei. Wir setzen unsere Fahrt auf der Tiger Road fort durch hohen Forst-Wald. Die Wege für die Förster sind erstaunlich gut ausgebaut. Die Bäume felderweise gleichförmig gross aber noch nicht reif für die Ernte. Wir müssen deshalb kaum Schwerverkehr befürchten. Am Strassenrand liegt eine schöne Gruppe Gymnopilus junonius. Der HiLux Fahrer kommt uns wieder entgegen. Kurz vor der Abzweigung in die Florentine Road ist die Brücke über den Fluss im wahrsten Sinne des Wortes „verblockt“. Die Brücke selber macht einen zwiespältigen Eindruck, vermoderte Bretter und Balken, hervorstechende Schrauben. Jeder 4-WD-Fahrer würde dies als Challenge aufnehmen, um die ersten Steinblöcke herumkurven und sachte über die Bretter fahren. Die Brücke ist ja für die schweren Holzlaster gebaut, da ist ein Leichtgewicht-Toyota nicht zu schwer. Das haben die Forstleute auch gemerkt und am andern Ufer eine richtige Panzersperre aufgebaut. Kubikmeter grosse Felsklötze und ein tiefer Graben stoppen auch den versiertesten 4-WD-Crack. Auch wir müssen umkehren und über den normalen Weg Richtung Wayatinah zum Lyell Highway fahren. Vom hohen Florentine Valley geht’s steil runter, vorbei an frisch „geernteten“ Waldflächen. In Wayatinah begegnen wir den ersten von vielen weiteren Kraftwerksbauten. Hydro Tasmania hat das ganze zentrale Hochland zur Stromproduktion ausgebaut. Wir begegnen grossen Druckleitungen, Kanälen, Trafostationen, kleinen und grossen Speicherseen und fast trockenen Flüssen. Die Restwassermengen sind sehr gering. Die Landschaft hat nicht nur verloren. Einige der Seen sind zauberhaft anzusehen. Bei Dervent Bridge besuchen wir „The Wall“. Der Holzbildhauer Greg Duncan baut sich hier sein Lebenswerk, Eine hundert Meter lange Holzwand hat er lebensecht modelliert, ein dreidimensionales Bild mit Motiven aus der lokalen Geschichte und Fauna. Seit über zehn Jahren arbeitet er daran, in einem Jahr sollte das Werk fertig sein. Wir fahren zum Visitor Center des Mount Craddle – Lake St. Claire NP. Hier endet der berühmte Overland Track für die angefressenen Bergwanderer. Es muss ein einmaliges Erlebnis sein in dieser Bergwelt. Wir bleiben im dazugehörenden CP und lassen uns im Restaurant mit Tasman-Lachs verwöhnen. Die letzten Sonnenstrahlen vergehen. Für Morgen ist reichlich Regen und ab 1300 müM Schnee angemeldet. Haben wir genug von Tasmanien?

In der Nacht hat’s richtig stark geregnet, die Temperatur ist gesunken. Wir bleiben heute hier und machen eine Wanderung dem See entlang. Der Platypus Circuit informiert über die sehr scheuen Schnabeltiere, natürlich bekommen wir keines zu sehen. Der See ist wolkenverhangen, leichter Regen nässt uns. Ein schöner Weg, aber bei diesem Wetter nicht sehr erfreulich. Dicke Moospolster bedecken den Boden. Vereinzelt wachsen Pilze: der Neuseeländische Hallimasch ist recht verbreitet, Ein Gruppe Amanita (ochrophylloides?) steht majestätisch zwischen den Bäumen. An einem hohen Baumstamm entdeckt die Bushlady eine Gruppe leuchtend rote Aurantiporus pulcherrimus (Strawberry Bracket Fungus). Wir laufen auf dem Overlandtrack ein Stück dem See entlang. Das Wetter wird nicht besser. In der Lodge geniessen wir eine warme Tagessuppe. Im Camper steigt die Heizung aus. Gemeinsam mit Tom finden wir vorläufig eine Lösung gegen das frieren.

Die Heizung läuft durch bis halb vier. Dann wird’s uns doch zu heiss. Draussen bläst ein heftiger Wind durch die Bäume und treibt den Regen vor sich her. Am Morgen lassen wir uns wieder wärmen. Das Resten-z’Morge: Spiegel, Speck und Eier. Wir fahren heute den Lyell Highway über die zentrale Hochebene Richtung Queenstown. Weite Wälder und Grasebenen begleiten uns. In der Ferne tauchen hohe Berge aus den Wolken. Beim Zusammenfluss Franklin / Surprise River laufen wir den Nature Trail. Er führt durch dichten Wald an die beiden Flussufer. Die Flüsse sind braun gefärbt vom Tannin der Moorböden. Im Wald finden wir reichlich Pilze, darunter Riesenexemplare eine Röhrlings (Phlebopus marginatus, der grösste Pilz Australiens kann bis 1m Durchmesser erreichen. Das schwerste Exemplar war 29kg. Er gleicht einem grossen, weichen Steinpilz). Der Franklin River ist geschützt und wird nicht aufgestaut, nachdem die Proteste weltweit Aufmerksamkeit erregten. Beim Frenchmans Cap Parkplatz folgen wir dem Track bis zur wackligen Hängebrücke über den Franklin River. Hier hat er schon eine beachtliche Wasserführung. Der Weg führt durch das breite Collingwood River Tal, dann über einen steilen Pass ins Nelson River Tal. Den Nelson Wasserfall lassen wir uns nicht entgehen. Hinten in einem verwunschenen Regenwaldtal stürzen die Wassermassen 30 m hoch breitgefächert über die Felsenstufen. Wir kommen mit Owen und Lucretia aus Perth ins Gespräch. Er ist pensionierter Lehrer (Science & Religion) und passionierter Fotograph. Sie reisen oft zu ihren Töchtern in Melbourne, Adelaide und Sydney. Ihnen ist Kookaburra schon aufgefallen. Wir passieren den halbleeren Lake Burbury über die Bradschaw Bridge. Nach der Passhöhe geht’s steil runter in die Minenregion von Queenstown. Das Minendorf Gormanston ist fast ausgestorben. Der Lookout des Iron Blow zeigt ein tiefes Lock mit Wasser. Der Iron Blow, eine Bergkuppe wurde ganz abgetragen und ausgehöhlt wegen seinen reichen Erzvorkommen, vor allem Kupfer, Silber, Gold. Queenstown hat eine schwierige Vergangenheit. Die grossen Erzvorkommen in der Gegend wurden hier zu den Metallen aufgearbeitet mit verheerenden Umweltschäden. Grosse Mengen Schwefeldioxid wurden in die Luft abgeblasen, die Wälder gerodet. Die Pflanzenschicht wurde komplett zerstört, die Humusschicht weggeschwemmt und bis heute ist die Gegend nackt. Wir wollten eigentlich in Queenstown einkaufen und in die Macquarie Reserve fahren. Wir ändern unseren Plan kurzfristig und fahren nach Strahan weiter. Eine gute Entscheidung, denn wir finden einen guten CP und lassen uns im View 42 mit einem feudalen Buffet à discretion verführen und verwöhnen. Das Stöhnen erfolgt auf dem Heimweg und im Camper.

Die Sonne weckt uns. Wir haben trotz vollem Magen gut geschlafen. Aber das z’Morge wird einfach: Orange, Saft, Wasser. Nachher fahren wir ins Zentrum der „Stadt“, an die Espalanade zum Visitor- und Wood-Center. Hier werden Huon Pines und andere Hölzer kunstvoll zu Holzplatten und gedrechselten Gegenständen verarbeitet. Die Huon Pine lässt sich sehr fein bearbeiten, was wir schon bei der „Wall“ in Dervent Bridge gesehen haben. Bei der Railway Station manövriert ein historischer Zug. Die Cruises zum Gordon River sind schon früh am Morgen weggefahren. Wir machen uns auf Richtung Zeehan. Bei den Dunes treffen wir auf Marco und Gabi. Sie sind seit August „auf Weltreise“ mit ihrem Toyota Landcruiser 78 (Occasion von Tom ausgebaut), haben von Brisbane aus Queensland bereist und dann mit Paul & Jenny Oodnandata, Red Center und den Great Central Hwy bis Perth gemacht. Sie wollen noch eine Weile bleiben und dann nach Chile verschiffen. Langer detaillierter Erfahrungsaustausch. Wir laufen noch auf die hohen Dünen, die Küste ist uns aber zu weit weg, wir fahren weiter nach Zeehan. Kurzer Halt im historischen Minenstädtchen mit dem grossen Minenmuseum. Diese Region war das Zentrum der Erzförderung Tasmaniens. Landwirtschaft und damit Besiedlung war nie attraktiv in ganz Westtasmanien, dies zugunsten der Naturlandschaft und des heutigen NP. Wir fahren durch die Berge, Wälder und den ausgedehnten Button-Grasfeldern, vorbei an alten Minen mit ihren Abraumhalden. Anders als erwartet ist ein grosser Teil der Landschaft baumlos bis zu den Bergspitzen. Ob das mit dem Abholzen durch die Minenindustrie zusammenhängt oder der ursprünglichen Landschaft entspricht, wissen wir nicht. Der Weg nach Corinna ist recht schmal und sehr kurvenreich und stellenweise steil. Den Pieman River überqueren wir mit dem Fatman, der Fähre. An einem Stahlseil zieht sie sich über den breiten Fluss. Auf der andern Seite leuchtet die Corinna Lodge im Abendlicht. Wir bekommen für gutes Geld einen kleinen Zeltplatz. Es gibt günstigere Angebote mit besseren Leistungen in Tasmanien. Aber das Dinner war gut (ja, wir hatten wieder genug Hunger!)

Das z’Morge war gestern im CP-Preis inbegriffen: Crackers und Wasabi-, Lavendel-, Cheddar- Cheese. Da ist der Preis wieder in Ordnung. Wir laufen den Whyte River Track, eine Rundtour durch dichten Naturwald dem Pieman und Whyte River entlang. Die Sonne scheint in den Uferwald, die Bäume und Büsche leuchten traumhaft. Wir finden einige Pilze, die wir noch nicht zuordnen können. Die Tour endet im ehemaligen Dorf Corinna. Auf dem Parkplatz treffen wir Noe und Meja, zwei unternehmungslustige Deutsche, die viele Jahre nur für ihre Reisen gearbeitet haben und nun ohne Termin weiterreisen. Sie haben sich einen Occ.- Britz gekauft und selber ausgebaut. Vorher waren sie öfters in der Sahara. Die Gespräche ziehen sich bis Mitte Nachmittag hin, eine spannende Diskussion und viel Erfahrungsaustausch. Die Weiterfahrt führt über die hohen Gebirge des Westens, durch dichte Wälder und Hochebenen. Die Strasse ist recht eng und sehr kurvenreich, zuerst Rough Road, dann ab Savage River geteert. Dieser Ort ist eine aktive Eisenerz Mine, das Dorf, mit vielen Häusern, belebt. Daneben ein grosser See als Schlammbecken, dahinter eine riesige Abraumhalde. Viel Minenfelder sind „abandoned“. In Waratah hat am Mt. Bischoff der Minenboom angefangen. Der Berg sieht ziemlich mitgenommen aus, ganze Seiten sind abgegraben. Weiter geht’s über den Murchison Highway und die Mt. Cradle Road zum Big4-CP. Alle haben ohne Ausnahme erzählt, dass man ohne Reservation keinen Platz bekommt. Nun, wir stehen für die Ausnahme der Regel. In der grossen, warmen Camp-Kitchen kochen wir uns vor dem Cheminee Feuer ein Teryaki-Chicken-Reis mit Salat.

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