Wir suchen einen Ausweg aus Chile. Die meisten Pässe sind witterungsbedingt oder saisonal geschlossen. Der wichtigste Übergang zwischen Chile (Santiago) und Argentinien (Mendoza), der Redentor, wird wenn immer möglich offen gehalten. Nun sind jedoch grosse Mengen Schnee gefallen und tiefe Temperaturen führen zur Eisbildung. Die Bilder, die wir sehen lassen nichts Gutes erwarten. Dieser Übergang ist rund 700km im Süden. Die Pässe Sico und Jama im Norden sind wieder offen, bedeuten aber einen Umweg von fast 2000km. Der Paso San Francisco ist seit ein paar Wochen geschlossen, unsere Wetterinformationen zeigen jedoch, dass es dort kaum Schnee hat, nur tiefe Temperaturen. Dieser Pass sollte eigentlich in den nächsten Tagen auf gehen. Die Informationen im Internet sind unklar.
Wir sind in Copiapó. Auf einem Parkplatz bei einer Copec Tankstelle. Die Nacht ist recht ruhig, wenig Verkehr, keine Spinner mit lauten Fahrzeugen. Am Morgen 10*C. Wir benutzen das Angebot der warmen Dusche, ein Service der Copec, den wir nicht mehr missen möchten. Zuerst fahren wir in die Stadt, zur Touristeninfo. Die wissen dort genau soviel wie wir aus dem Internet. Daneben liegt das Govierno Regional de Atacama-Gebäude. Hier werden wir fündig mit Matías Clavijo Vita. Er hat auch nicht neuere Infos, aber er kann die verantwortlichen Leute kontaktieren. Er meint, dass der Pass bis Ende Woche öffnen sollte. Er wird uns Bescheid geben, mangels Verbindung aufs SatPhone.
Da wir sowieso nicht in 4 Stunden auf den Pass wollen, sondern in 4Tagen, zischen wir los in die Berge. Wir möchten ja die Höhenkrankheit verhindern und sollten gemäss Angaben des Arztes höchstens 500m pro Nacht höher schlafen. Der Pass hat eine Höhe von 4755müM, wir brauchen Zwischenstationen.
Die Landschaft wird noch viel karger, nur wunderbar wüste Berge, staubig-felsig, keine Pflanzen, nicht mal trockene Stauden. Dafür überall Minen-Löcher. Ein paar grosse sind immer noch aktiv, viele Kleine sind verlassen.
Das breite Bachbett zeigt die Wucht, wenn Wasser fliesst, jetzt ist alles furztrocken. Die kleine Siedlung Puquios war einmal, jetzt stehen nur noch Ruinen der Adobe-Bauten aus strohverstärktem Lehm. Das letzte Hochwasser hat ganze Arbeit geleistet.
Bei der Abzweigung der C-341 in La Puerta bleiben wir auf der grossen Schwemm-Ebene auf 1600müM. Heidi muss einen Erkältungs-Fieberschub auskurieren. Wir geniessen (trotzdem) die Wärme dieses Tages. Über 20*C nach Sonnenuntergang.
Zum z‘Nacht Resten von der Parillade mit feinem, scharfen Gemüse. Die winzigen Chilischoten sind enorm konzentriert.
Wir lassen uns viiiil Zeit, wir haben heute nur eine kurze Strecke vor uns, wir wollen ja noch nicht hoch hinaus! 4 Rotkopf-Geier haben unsere Toilette entdeckt. En Guete.
Ein Camper hält an. Renate & Yannick aus Solothurn sind 3 1/2 Monate in Chile unterwegs, von Punta Arenas, Feuerland nun noch 9 Tage bis Calama. Dann ohne Auto bis Mitte August in Bolivien und Peru. Sie wollen noch heute zur Laguna San Francisco über 4100müM, obwohl sie vom Pacific gestartet sind. Ob das gut geht?
Wir fahren etwas höher als geplant bis auf 2860müM auf einen zwar etwas engen aber grossen, flachen Platz.
Bald tauchen Renate & Yannick auf. Sie hatten in der Höhe Motorprobleme und Renate Anzeichen von zu viel Höhe. Sie fahren noch weiter runter. Heidi muderet immer noch.
Die Nacht ist frisch, 8*C. Renate &Yannick fahren schon recht früh vorbei. Alles ok? Heidi fühlt sich nicht wohl, muss erbrechen. Das Kopfweh verschwindet mit dem Kaffee. Wir fahren ein Stück zurück, 200m tiefer und machen eine kurze Wanderung. Das hilft.
Mit besserem Gewissen können wir das Tal hinauffahren bis zur Passhöhe auf 4123müM. Die Landschaft: karge Berge mit viel Fels-Schutt, kleine Oasen mit Wasser und Feuchtgebieten, vereinzelte, verlassene Häuser (Winterbetrieb?).
Bald sehen wir erste Schneefelder, schön dekorativ an den Berghängen.
Ein Adlerpaar (Kara Kara) prüft unseren Kooka auf Herz und Nieren: setzt sich auf die Motorhaube, beäugt uns und die Partnerin faucht uns heftig an: was wollt ihr eigentlich hier oben?
Auf der Passhöhe die obligaten Fotos, doch plötzlich schreit Heidi entsetzt: das Fahrzeug wird durchgeschüttelt, von einem Erdbeben.
Das Refugio Flamenco an der Laguna Santa Rosa ist ganzjährig offen. Alvero, der freundliche Concessionar von CONAF ist mit Einrichtungen beschäftigt. Er gibt uns nützliche Hinweise über die Gegend.
Wir fahren um die Lagune herum und bleiben über Nacht mitten in der Ebene auf 3800müM. Ein schönes Abendrot leuchtet am Himmel. Die Heizung hilft gegen die Kälte.
Tres Cruzes
Die Nacht ist sehr kalt, -10*C im Fz. Aber unter der Bettdecke ist es angenehm warm, obschon sich die Kälte jede kleinste Ritze und Lücke sucht. Am Morgen funktioniert die Heizung nicht mehr. Sie ist verschnupft, verrusst. Dank warmem Sonnenschein frieren wir nicht.
Wir haben alle Zeit. Matías Clavijo hat uns über Satphone weitere Infos zur Öffnung des Paso San Francisco versprochen, hat jedoch immer noch keine News. Wir fahren zur Aduana Chile. Da ist kein Betrieb. Einzig ein Zöllner und ein Carabinieri tauchen auf. Der Pass soll morgen „bearbeitet werden“ mit dem Grader, der untätig herumsteht. Am Samstag morgen soll der Pass dann geöffnet werden.
Der Zöllner macht uns einen Vorschlag zum Besuch des grossen Salar de Pedernales am Fuss des Volcan Doña Inés und der Sierra Borax.
Wir queren eine weite, öde Hoch-Landschaft mit vielen Vulkanen, Steinhaufen und grossen trockenen Kies-Ebenen. Bei einer Ruine begegnen wir zwei neugierigen, einsamen Eseln.
Wir bleiben über Nacht, ohne Heizung, hier. Die Nacht ist wieder sehr kalt (-10*C im Fz) Am Morgen ist das Wasser eingefroren. Doch mit der Sonne wird es sommerlich warm. Die Ruinenmauer hat den Wind recht gut abgehalten.Guanacos tauchen auf.
Langsames z‘Mörgele mit Spiegelei & Schinken / Käse auf Toast.
Wir laufen auf den Salar hinaus zu einer Lagune.
Volcan Doña Inés
Etwa 2 Dutzend Flamingos suchen den Schlamm nach essbaren Krebsen ab.
Der Boden des Salars ist sehr vielfältig, salzverkrustet, sandig, sumpfig.
Am späteren Nachmittag fahren wir den Weg zurück Richtung Zollposten. Wir haben von Matias vernommen, dass der Pass morgen geöffnet wird.
Die Rückfahrt gibt eine ganz andere Perspektive des Salars und der Berge. Jetzt haben wir den Volcan Copiapó vor uns.
Bei La Ola ein kurzer Halt. Hier wird der Bach gestaut und das Wasser für die Kupfermine El Salvador gefasst. Das Schild: „no pescar, privado“ hat seine Bewandtnis: Forellen zeigen die Qualität des Wassers an und kleinere Fische sind ihr Arbeitslohn.
Ein schnell fliessender Bach mitten in einer trockenen, unwirtlichen Wüste ist schon erstaunlich: ein Anfang, ein Ende und dazwischen Leben.
Bei der Zollstation ist noch alles geschlossen, aber wir dürfen in den Komplex einfahren und bekommen ein warmes Zimmer zugewiesen. Wir kochen die Gemüsereste, bevor wir die Grenze überqueren, zu einem feinen z‘Nacht.
Wir schlafen, warm, zwar etwas unruhig (sind da nicht Flöhe herumgehüpft?). Der Morgen erwacht langsam, ein Beamter geht mit einem breiten Besen durch die kalten Räumlichkeiten, keine Hektik. Nach einem ausgiebigen z‘Morge suchen wir zuständige Schalterbeamte. Nun geht es nach den Regeln voran: zuerst Immigration, dann Aduana und schon können wir gehen.
Kooka ist noch nicht ganz wach und warm, er raucht fürchterlich schwarz und weiss. Bald zieht er, wie gewohnt, die lange, flache Steigung hinauf Richtung Paso San Francisco. Wir tauchen in eine faszinierende Bergwelt mit vielen Vulkanen und Sand / Kies-Ebenen.
Ein paar Bäche haben tiefe Furchen gegraben, sogar einen echten Wasserfall mitten in der Wüste.
Peña Blanca
In der Höhe nimmt der Schnee leicht zu, wie erwartet.
Die Laguna Verde ist wirklich kräftig türkis-grün.
Die Terme ist etwas heruntergekommen, einzelne Wannen enthalten schön warmes Wasser, aber so richtig anmächelig sind sie nicht.
Gegen die Passhöhe begegnen wir dem ersten, glatten Eisfeld, etwa 50m lang. Auf der argentinischen Seite dasselbe nochmals.
Langsam darüber rutschen! Etwa ein km Schnee musste weggeräumt werden.
Aber nicht zu schnell!
Dafür würden die CH-Teams in den Alpen keinen Tag brauchen. Es gab wohl andere Gründe, den Pass nicht sofort freizuschaufeln.
Nevado San Franzisco 6016m
Berechtigte Warnung vor starkem Wind.
Schutzhütte auf der Passhöhe 4754m.
Dunkle, drohende Vulkane: Cerro El Fraile 6062m
Volcán Incahuasi 6638m
Der Grenzübertritt nach Argentinien in Las Grutas geht zügig voran: Personalien eintippen, Fz-Details eintippen und die Fz-Kontrolle: ein kurzer Blick hinten rein, ein weiterer, noch kürzerer Blick in den Fahrerraum: „Buen Viaje!“ Und wir habe uns so Mühe gegeben mit dem Opfersäckli mit Zitronenschnitzen, Knoblauchzehen. Der Rest im Kühlschrank („na, dann nehmt ihr halt die Butter und den Rest der Wurst auch“) oder im grossen Kühlschrank sehr gut versteckt. Dafür bekamen wir für Kooka einen 8-Monate-Aufenthalt in Argentinien. Den brauchen wir zwar jetzt nicht, aber gut zu wissen, dass das problemlos geht.
Nach dem Zoll geht die Fahrt durch ein Hochtal langsam runter. Links und rechts die alten Spuren vulkanischer Aktivitäten: schwarze Lava, regenbogenfarbige Berghänge, goldgelbe Grasbüschel und viele Vicuñas.
Eigentlich möchten wir wegen der streikenden Heizung in tiefere Regionen, aber bis Fiambala ist es uns mit 100km doch zu weit. Wir bleiben auf 3360müM beim Touristenkomplex Cortaderas am Bach Guanchin.
Wir geniessen unseren neuen Apéro-Drink: Tardia (Tinto dulce) / Cola / Wasser, das ist sowas wie kalter Glühwein!
Die Nacht ist ruhig, -3*C. Am Morgen wärmen wir das Fz mit dem Motor und der Heizung der Klimaanlage, das klappt ganz gut. Und bald scheint die Sonne warm. Am Mittag! Ja wir bleiben lange im warmen Huli. Beim z‘Mörgele taucht Lukas auf, ein Farmer, der an Pfingsten seine Kühe sucht. Er ist erstaunt über unsere Spanisch-Kenntnisse.
Die Fahrt durch das breite, lange Tal erinnert an das Hinterrheintal, nur mit 100km Länge viel grösser.
Die Berge zeigen alle Erdfarben, der Bach bringt genügend Feuchtigkeit, Wildgänse fliegen zu den offenen Wasserstellen, Kondore kreisen am Himmel, Vicuñas und Guanacos (die mit dem Bart), Esel und wenige Kühe weiden das trockene Gras ab. Kein Verkehr auf der Strasse.
Junge Kakteen
In der Quebrada Los Angosturas verlieren wir endlich an Höhe, von 3100 auf 1500müM. Diese Schlucht ist wieder ein Highlight an farbigen Felsstrukturen. Einfach eindrücklich.
Im Tal von Fiambala dominieren dann wieder die enormen Kieshaufen und am Gegenhang die Sanddünen.
Im Fiambala ist wegen Pfingsten fast alles geschlossen.
Wir tanken, füllen Wasser nach und fahren zu den Termas de Fiambala hinauf.
Im Vergleich zum letzen mal zahlen wir eine hohe Inflationsrate! Im Februar 2018 haben wir noch 400 Eintritt und 300 fürs Übernachten bezahlt. Diesmal 600 und 700! Trotzdem lohnt sich der Besuch der schön angelegten, warmen und grossen Terme.
Wir geniessen das warme Wasser fast bis zum Umfallen, anschliessend lassen wir uns von El Negro mit einer Poulet-Roulade verwöhnen.
Wir bleiben über Nacht auf dem Parkplatz, mit WC und Stromanschluss.
Die Nacht ist ruhig, abgesehen vom Dauerrauschen des Baches neben dem PP. In der Nacht „gemütliche“ 13*C. Nach einem langen z‘Morge schaffen wir es doch noch, vor dem Mittag im warmen Wasser zu baden.
Herrlich! Nach einer Stunde sind wir so müde, wir müssen raus und uns ausruhen. Warmes Wasser belastet den Körper.